Claudia Bielmeier
Zum Abschied eine Träne ...
Das Leben verlangt von uns ständig kleinere und größere Trennungen: Trennungen von Orten, Menschen, Dingen aber auch von Überzeugungen, Gewohnheiten und Mustern.
Und obwohl Trennungen allgegenwärtig in unserem Leben geschehen, wollen wir uns ungern damit beschäftigen. Wir empfinden etwas Unangenehmes, Scherzhaftes oder sogar Bedrohliches beim Thema Trennungen.
Ein Abschied macht uns Angst, weil wir etwas loslassen müssen und oftmals nicht wissen, was uns in Zukunft stattdessen erwartet. Und so ist es nicht verwunderlich, dass mit den alltäglichen Trennungen schwierige Erlebnisse aus der Vergangenheit verknüpft sind.
Lieber setzen wir einer unerträglichen oder auch langweiligen Situation kein Ende, als dass wir uns dem Schmerz aussetzen und uns gar selbst von anderen Menschen verabschieden.
Trotz der vielen Trennungen fehlt uns eine Trennungskompetenz. Das heißt die Fähigkeit, zu reflektieren und überlegt Abschied zu nehmen. Trennungsmuster erkennen und unsere Einstellung wie wir etwas beenden oder Abschied nehmen und die damit verbundenen Gefühle, heißt die Haltung zu Trennungen verändern.
Wenn wir uns bewusst werden, dass Trennungen keinen Weltuntergang bedeuten und wir die Unsicherheiten, die mit ihr einhergehen aushalten können und dazu noch einen Willen entwickeln notwendige Veränderungen umzusetzen, können Trennungen eine Ressource sein.
Trennungskompetente Menschen verknüpfen Trennungen nicht andauernd mit negativen Erlebnissen aus der Vergangenheit. Sie denken positiv und lösungsorientiert in Richtung Zukunft.
Ohne Trennungskompetenz kann keine schwierige Entscheidung gut gelingen.
Trennungsangst wird oftmals mit Festhalten oder Flüchten umgangen. Es gibt Menschen, die klammern an Allem und Jedem. Statt zu handeln, jammern diese Menschen oder warten bis andere eine Trennung vollziehen.
Und es gibt Menschen, die zur Vermeidung von Trennungsängsten erst gar keine Beziehung eingehen.
Manche Trennungen wie Umzüge oder Jobwechsel lasen sich zudem gut vorbereiten.
Was verliere ich, aber auch: Was gewinne ich! Wie bereits ich den Abschied von meinem bisherigen Umfeld vor?
Trennungen sind ein Prozess, den man aktiv gestalten kann - auch die Trennungen, die von uns nicht selbst herbeigeführt wurden. Wenn der Partner uns verlassen hat, sind Stolz, Würde und Respekt verletzt worden. Aber auch diese Trennung können wir aktiv gestalten und uns von dem negativen Ereignis wieder lösen. Nicht das Opfer bleiben, den Schmerz anerkennen, einen eigenen Abschied gestalten und in die Zukunft blicken.
Abschied nehmen in dem wir das Verlorene betrauern, unseren Schmerz ausdrücken und das Vergangene würdigen.

Quelle:
Hans Jellouschek: Trennungsschmerz und Neubeginn: Wie aus Abbrüchen Aufbrüche werden. Herder, Freiburg 2017